Erfolgsfaktoren für eine gelungene Praxisübergabe
Für die einen ist es der Start in eine neue berufliche Zukunft, für die anderen ist es die Übergabe des beruflichen Lebenswerkes. Warum Praxisabgabe und -übernahme mehr verbindet, als man denkt – und was beide Seiten für eine erfolgreiche Übergabe brauchen.
Erfahrungsgemäß wünschen sich Praxisabgeber:innen und -übernehmer:innen gleichermaßen Verbindlichkeit im Übergabeprozess. Dies bedeutet, dass frühzeitig eine gemeinsame Einigung über die wesentlichen Bedingungen für die Übernahme erzielt werden muss. Diese Einigung findet sich dann in dem zu schließenden Kaufvertrag wieder. Der Übergabezeitpunkt, der Kaufpreis und der konkrete Kaufgegenstand müssen klar definiert werden. Denn nur, wenn Übernehmer:innen wissen, was sie konkret übernehmen und zu welchen Bedingungen, erhalten sie die Finanzierung einer Bank für den Kaufpreis. Im Gegenzug bekommen Verkäufer:innen nur sicher ihren Kaufpreis, wenn die Finanzierung durch die Bank genehmigt wird. Bereits daran wird deutlich, dass beide Seiten an dem Prozess verantwortungsvoll mitzuwirken haben.
Gerade für die Abgeber:innen ist eine frühzeitige Planung und gute Vorbereitung wichtig. Es muss ein Nachfolger gefunden werden, der Käufer muss eine Finanzierung auf die Beine stellen und viele Vertragsverhandlungen – wie beispielsweise mit dem Vermieter – müssen durchlaufen werden. Die rechtliche Grundlage für die Praxisübergabe stellt der Kaufvertrag dar. Dabei gilt es, beide Interessen angemessen zu berücksichtigen und gemeinsame Lösungen für besondere Situationen zu finden. Was passiert beispielsweise, wenn Patientinnen oder Patienten einen Anspruch auf Nachbesserung für eine fehlerhafte Leistung der Abgeber:innen nach der Übergabe gegenüber den Übernehmer:innen geltend machen? Oder wie werden die Risiken von Tod und Berufsunfähigkeit der Übernehmer:innen nach der Unterzeichnung des Kaufvertrages, aber vor der Praxisübergabe, interessengerecht geregelt?
Unser Praxistipp:
Erfolgreiche Praxisübergaben zeichnen sich oftmals auch dadurch aus, dass die Übernehmer:innen bereits vor dem Übergabezeitpunkt in der Praxis mitarbeiten und so den Praxisalltag, die Patientinnen und Patienten oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenlernen können.
Auf die Arbeitsverhältnisse und deren Übertragung achten
Neben kaufvertraglichen Aspekten sind auch arbeitsrechtliche Fragestellungen von besonderer Bedeutung. Denn die Arbeitsverhältnisse gehen mit allen Rechten und Pflichten von Gesetzes wegen von den Abgeber:innen auf die Übernehmer:innen über, wenn die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter diesem Betriebsübergang nicht widersprechen. Da es heutzutage schwierig ist, ausreichend gutes Personal zu finden, sollten sowohl Abgeber:innen als auch Übernehmer:innen besonders auf die Arbeitsverhältnisse und deren Übertragung achten. Insbesondere die Neuerungen zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung, aber auch die aktuellen Voraussetzungen, die sich aus dem Nachweisgesetz für Arbeitsverhältnisse ergeben, müssen beachtet werden.
Ohne Vermieter geht es nicht
Die meisten Zahnarztpraxen befinden sich in Mieträumlichkeiten, so dass für Abgeber:innen die Notwendigkeit besteht, aus diesem Mietverhältnis entlassen zu werden beziehungsweise den Mietvertrag auf die Übernehmer:innen zu übertragen. Für Übernehmer:innen ist gleichermaßen die Übernahme des Mietvertrages oder der Abschluss eines neuen Vertrages unerlässlich. Hierbei wird deutlich, dass in dem Übergabeprozess auch Dritte, wie der Vermieter, eine besondere Bedeutung haben. Denn nur, wenn der Vermieter mit ins Boot geholt wird, kann die Übergabe klappen. Daher gilt es, gemeinsam mit dem Vermieter die notwendigen Inhalte zur Beendigung des Mietverhältnisses für die Abgeber:innen, aber auch die Fortführung durch die Übernehmer:innen zu klären. Ausreichend lange Mietlaufzeit, Mieterhöhungen, Übernahme der Kaution oder auch Rückbauverpflichtungen sind nur einige Beispiele, die es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen gilt.
Es werden sich natürlich noch weitere Rechtsfragen stellen, wie zum Beispiel zum Datenschutz, zur Haftung oder zu steuerlichen Aspekten. Denn jede Praxisübergabe ist ein besonderer Einzelfall und sollte daher mit der gebotenen Sorgfalt geplant und umgesetzt werden. Nur so vermeiden sowohl Abgeber:innen als auch die Übernehmer:innen juristische Fallstricke und gelangen zu dem gemeinsamen Ziel einer erfolgreichen Praxisübergabe.
Unser Praxistipp:
Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit der Übertragung des Mietverhältnisses: Denn hier besteht eine Abhängigkeit von einem Dritten, an dem das Geschäft scheitern kann, obwohl Abgeber:in und Übernehmer:in sich einig sind.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Ausgabe 03/2025 des DZR Xtrablatt.
Autoren: Sebastian Kierer und Ann-Sophie Weidling, medavo
