Gemeinsam gründen, anders führen
Im August 2025 hat in Mühlacker eine Kinderzahnarztpraxis eröffnet, die vieles anders macht – von der Raumgestaltung bis zur Führungskultur. Zwei Zahnärztinnen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zeigen, wie Praxisgründung heute gelingt: mit klaren Werten, modernen Ideen und einem echten Miteinander von Team, Eltern und Kindern.
Wenn die Kinder die neue Praxis im baden-württembergischen Mühlacker betreten, erwartet sie kein steril wirkender Flur mit weißen Wänden. Stattdessen wächst ein stilisierter Baum aus der Rezeption. Die Behandlungsräume sind nicht durchnummeriert, sondern tragen die Namen Eule, Hase und Fuchs. Ein Eichhörnchenkobel, der groß genug für ein Kind ist, lädt prominent dazu ein, sich darin zu verstecken. „Wir haben ganz bewusst keine klassische Praxis gestaltet”, sagt Dr. Ursula Schönleber, die die Kinder- und Jugendpraxis „Zahnwald“ im August 2025 gemeinsam mit Dr. Elisa Riekert eröffnet hat. „Wir wollten eine Welt erschaffen, die Ruhe und Geborgenheit ausstrahlt, in der sich alle entspannen können: die Kinder, die Eltern, unser Team und wir selbst.“
Die neue Praxis ist nicht nur aufgrund ihres durchdachten Konzepts etwas Besonderes, sondern auch aufgrund der Konstellation ihrer beiden Gründerinnen. Sie haben sich in der Praxis kennengelernt, in der sie bisher angestellt waren, und sich für eine gemeinsame Gründung entschieden, da sie sich über grundsätzliche Werte und Vorstellungen einig sind. Spannend ist der Altersunterschied: Schönleber ist Mitte 50, Riekert gerade 30 geworden. Die Ältere legte ihr Examen in dem Jahr ab, in dem die Jüngere geboren wurde. So treffen jahrzehntelange Praxiserfahrung, Führungsstärke und modernes Denken auf frische Ideen und eine klare Vision.
Neue Ideen und ein bewährter Finanzierungspartner
Obwohl sie bei der Praxisgründung vieles neu machen wollten, setzten sie bei der Finanzierung bewusst auf Bewährtes. „Ich habe den DZR schon früher als äußerst zuverlässig und professionell erlebt“, sagt Schönleber. Besonders in der intensiven Startphase sei die Kombination aus klarer Kommunikation und dem umfassenden Patientenservice, wie etwa die Möglichkeit zur komfortablen Teilzahlung, ein großes Plus gewesen. Auch das Factoring sei ein echter Gewinn. „Die direkte Auszahlung nach Übermittlung der Rechnung gibt uns sofortige Liquidität und finanzielle Sicherheit.“ So entstand ein stabiles Fundament, auf dem Schönleber und Riekert nicht nur zahnmedizinisch, sondern auch bei der Führungs- und Unternehmenskultur neue Wege gehen konnten.
Führung ist mehr als Chefin sein
Elisa Riekert behandelt Patientinnen und Patienten sehr gerne, doch in den vergangenen Jahren ist ihr eines klar geworden: „Den ganzen Tag nur am Stuhl zu sitzen, das würde mich bis zur Rente nicht glücklich machen.“ Sie suchte die Chance, mehr Verantwortung zu übernehmen und Dinge selbst zu gestalten. Dabei war es ihr besonders wichtig, eine Praxis nach ihren eigenen Werten zu führen – vor allem, was den Umgang mit dem Team betrifft. Das oft große hierarchische Gefälle in der Praxis zwischen Leitung und Personal beschäftigt sie besonders. „Wie in kaum einem anderen Beruf arbeitet man am Behandlungsstuhl und körperlich nah mit anderen zusammen. Als behandelnde Zahnärztin bin ich auf die Person an meiner Seite absolut angewiesen und das sollte sich im Umgang miteinander widerspiegeln“, erklärt Riekert.
Umso unverständlicher ist es für sie, dass dieser Aspekt in vielen Praxen vernachlässigt wird. Deshalb zieht sie für ihre eigene Praxis klare Konsequenzen und möchte ein Miteinander auf Augenhöhe etablieren, das von Respekt, Offenheit und echter Beteiligung geprägt ist. Genau diese wertschätzende Kultur machten sie und ihre Mitgründerin auch zu einem der zentralen Themen in den Bewerbungsgesprächen. „Es wird regelmäßige Teammeetings geben und wir werden eine beidseitige Feedback-Kultur fest verankern. Alle sollen sich wohlfühlen, aber auch Verantwortung übernehmen und Probleme möglichst eigenständig lösen können.“
Unangenehme Themen ansprechen
Auch Ursula Schönleber sagt, dass sich bei der Praxisführung und Organisation etwas geändert hat und sich weiterhin ändern muss: „Die jüngere Generation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat ganz andere Vorstellungen vom Arbeitsleben. Insbesondere das Thema Work-Life-Balance ist ihnen sehr wichtig.“ Eine moderne Praxis müsse das berücksichtigen. Dazu gehören klar strukturierte Arbeitszeiten, eine gute Raum- und Terminplanung sowie das Bewusstsein, dass es heute an Fachkräften mangelt. Allerdings warnt die erfahrene Kollegin vor zu viel Harmonie: „Als Führungskraft muss man neben Freundlichkeit und Wertschätzung auch den Weg finden, unangenehme Themen anzusprechen.“
Damit spiegeln die Ansichten und Pläne der beiden Gründerinnen nicht nur einen Wandel innerhalb der Zahnmedizin wider, sondern auch Entwicklungen, wie sie in vielen Start-ups und kleinen sowie mittleren Unternehmen zu beobachten sind. Ähnlich wie in den oft agilen Organisationen gewinnt auch in Praxen das Konzept der „dienenden Führungskraft“, auch Servant Leadership genannt nach dem US-amerikanischen Unternehmer Robert Greenleaf, an Bedeutung. Demnach soll Führung nicht allein auf den Vorstellungen der Führungskraft beruhen, sondern die Bedürfnisse und Werte des Teams mit einbeziehen – besonders, wenn es darum geht, eine gute Unternehmenskultur zu schaffen. Dass dieser Ansatz nicht nur ein Ideal, sondern auch eine pragmatische Antwort auf die Erwartungen heutiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zur „Führung in der Transformation“. Vor allem Angehörige der Generation Y – also Personen, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden – suchen verstärkt nach Sinn, Entwicklungsperspektiven und Beteiligung. Eine werteorientierte Führung, die auf Augenhöhe kommuniziert und individuelle Stärken fördert, kann darauf die geeignete Antwort sein.
Klare Prozesse und Abläufe – ohne Hektik
Doch zur modernen Führung gehört noch mehr: Auch die Organisation der Praxis muss den veränderten Anforderungen gerecht werden. Für Schönleber und Riekert bedeutet dies klare Prozesse und effiziente Abläufe ohne Hektik. Die Praxis ist auf über 500 Quadratmetern großzügig angelegt. Es gibt zwei getrennte Wartezimmer für Kinder und Jugendliche, abgeschirmte Behandlungsbereiche und einen separaten Personalbereich. „Wir wollten von Anfang an eine Struktur schaffen, in der sich nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern auch das Team gut zurechtfindet“, sagt Schönleber. Gerade in einer spezialisierten Kinder- und Jugendpraxis sei es entscheidend, dass Termine gut geplant sind und sich lautere und ruhigere Phasen nicht gegenseitig stören.
Während Organisation und Teamführung im Vordergrund standen, ist für Riekert auch klar: Moderne Technik gehört heute selbstverständlich zur Praxis dazu. „In diesem Bereich sollte man agil bleiben und die sich entwickelnden Möglichkeiten nutzen – immer angepasst an die speziellen Bedürfnisse der Praxis“, sagt sie. Schon jetzt nutzen die beiden Gründerinnen eine KI-gestützte Dokumentations- und Abrechnungssoftware. Auch für das Online-Terminmanagement oder digitale Telefonassistenten sind sie offen. Aber nicht jeder Trend passt zu jedem Konzept, findet Riekert. Alles zu seiner Zeit, sagt sie. Fest steht jedoch: Digitale Unterstützung wird in Zukunft eine größere Rolle spielen.
Keine gewöhnliche Zahnarztpraxis
Mit ihrer Praxis „Zahnwald” wollen Ursula Schönleber und Elisa Riekert einen Ort schaffen, der mehr ist als eine gewöhnliche Zahnarztpraxis. Hier werden medizinische Qualität, moderne Führung, digital unterstützte Prozesse und liebevolle Gestaltung vereint. Dies zeigt, was möglich ist, wenn Generationen voneinander lernen, gemeinsame Werte teilen und Erfahrung auf neue Ideen trifft. Kinder sollen sich sicher fühlen, Eltern sollen ernst genommen werden und das Team soll Wertschätzung erfahren. Wenn dabei erreicht wird, dass Kinder gerne zum Zahnarzt gehen, ist das vielleicht der wichtigste Schritt zu lebenslanger Zahngesundheit.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Ausgabe 03/2025 des DZR Xtrablatt.
Autor: Michael Hasenpusch