GOZ 4025: Wie steht es um die Berechenbarkeit der Professionellen Zahnreinigung?
Immer wieder behaupten Kostenerstatter, die Leistung nach der GOZ 4025 (subgingivale medikamentöse antibakterielle Lokalapplikation, je Zahn) sei nicht neben der Leistung nach der GOZ 1040 (Professionelle Zahnreinigung; PZR) berechenbar. Diese Behauptung ist allerdings falsch. Die Gebührenordnung für Zahnärzte sieht hinsichtlich einer Nebeneinanderberechnung weder Einschränkungen noch einen generellen Ausschluss vor.
Private Krankenversicherer führen S3-Leitlinie ins Feld
Die privaten Krankenversicherer führen die Diskussion um die Abrechnung der Leistung nach GOZ 4025 unter Bezug auf die S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ und lehnen die Erstattung neben der PZR unter anderem mit folgenden Argumentationen ab:
„Laut der aktuellen gültigen S3-Leitlinie ‚Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III’ ist die subgingivale medikamentöse antibakterielle Lokalapplikation im Rahmen der Professionellen Zahnreinigung oder Zahnsteinentfernung nicht indiziert. Wir können die Kosten für die Ziffer GOZ 4025 deshalb nicht übernehmen.“
„Die GOZ-Nr. 4025 haben wir nicht berücksichtigt, da aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse die medizinische Notwendigkeit dieser Leistung neben der GOZ-Nr. 1040 nicht belegen.“
Dabei wird außer Acht gelassen, dass die evidenzbasierte Leitlinie die adjuvante subgingivale Lokalapplikation im Rahmen einer Parodontitisbehandlung thematisiert und nicht im Zusammenhang mit einer PZR. Abgesehen davon wird lediglich festgestellt, dass die routinemäßige systemische Antibiotikagabe in Ergänzung zur subgingivalen Instrumentierung bei Parodontitispatientinnen und -patienten nicht empfohlen wird. Die Behauptung, eine lokale Gabe medikamentöser antibakteriell wirkender Mittel im Rahmen einer Zahnreinigung sei nicht indiziert, findet sich an keiner Stelle. Somit fehlt der Argumentation der Versicherer ganz klar die Grundlage.
Wissenschaftliche Leitlinien sind rechtlich nicht bindend
Hinzu kommt, dass wissenschaftliche Leitlinien keinen rechtsverbindlichen Charakter haben. Laut der Rechtsprechung des BGH (Az.: IV ZR 382/12 vom 15.04.2014) stellen sie lediglich Handlungsempfehlungen dar und lassen Raum für individuelle Behandlungsentscheidungen. Auch das Bundesministerium für Gesundheit sieht keine generelle Verbindlichkeit von Leitlinien. In einem Artikel vom 31.05.2016 wird klargestellt:
„Grundsätzlich gilt, dass bei der Anwendung von Leitlinien immer auch die Situation des einzelnen Patienten und seine Bedürfnisse zu berücksichtigen sind. Die Therapiefreiheit des Arztes wird nicht eingeschränkt.“
Medizinische Notwendigkeit ist entscheidend für Erstattungsfähigkeit
Maßgeblich für die Berechnungs- und Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Leistungen ist das Kriterium der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung. Diese liegt gemäß der Definition des Bundesgerichtshofes (BGH) dann vor, wenn es nach den medizinischen Befunden und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (Az.: IV ZR 133/95 vom 10. Juli 1996). Leitlinien können bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit zwar als Entscheidungshilfe dienen, jedoch nicht als alternativlose Therapievorgabe fungieren.
Abhängig von der individuellen medizinischen Notwendigkeit gehört zum Leistungsinhalt der GOZ 1040 das Entfernen der supragingivalen/gingivalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen einschließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur und geeignete Fluoridierungsmaßnahmen. Die GOZ 4025 honoriert das Einbringen eines lokal wirksamen Antibiotikums oder eines Chlorhexidinpräparates an einem Parodontium unterhalb des Zahnfleischsaums.
Bei bestehender zahnmedizinischer Indikation kann diese Maßnahme gemäß § 4 Abs. 2 GOZ als eigenständige Leistung neben der Zahnreinigung erbracht und selbstverständlich auch berechnet werden. Die S3-Leitlinie „Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ steht dem aus fachlicher Sicht in keiner Weise entgegen, und auch unter gebührenrechtlichen Aspekten ist nichts dagegen einzuwenden.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Ausgabe 03/2025 des DZR Xtrablatt.
Autorin: Silke Schulz, DZR Kompetenzcenter GOZ/GOÄ/BEMA