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Weichteilchirurgische Maßnahmen: Primäre Wundversorgung, plastische Deckung, Hautlappenplastik

Im Rahmen zahnärztlich-chrirugischer Eingriffe, insbesondere im Bereich der Implantologie, sind häufig unterschiedlich umfangreiche weichteilchirurgische Maßnahmen erforderlich. Sie dienen der Verlängerung der Epitheldecke und/oder zur Schaffung eines verbesserten parodontalen Umfelds.

Allerdings wirft die Berechnung der verschiedenen Lappenplastiken immer wieder Fragen auf. Sind sie mit dem Ansatz der chirurgischen Hauptleistung abgegegolten oder können sie zusätzlich geltend gemacht werden? Und wenn ja, wie? Ein Thema das nicht selten zu Unstimmigkeiten zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und Patientin bzw. Patienten führt, weil die Kostenträger die Erstattung ablehnen.

Ausschlaggebend ist stets das Behandlungsziel. Es muss eine über den Wundverschluss hinausgehende eigenständige Indikation bestehen, um eine Berechnung vornehmen zu können. In den allgemeinen Bestimmungen zu den Teilen D, E und K (chirurgische, parodontalchirurgische und implantologische Leistungen) der GOZ ist festgelegt:

"Die primäre Wundversorgung (z. B. Reinigen der Wunde, Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung, ggf. einschließlich Fixieren eines plastischen Wundverbandes) ist Bestandteil der Leistungen nach Abschnitt D, E, K und nicht gesondert berechnungsfähig."

Die primäre Wundversorgung ist in der GOZ 2012 demnach nur als "Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung" definiert. Insoweit ist lediglich die schnittidentische, also unveränderte Readaption der beiden Wundränder durch traumatisches oder atraumatisches Nahtmaterial, Klammern oder Klebstoffe in der jeweiligen Leistung enthalten. 

Weitere chirurgische Maßnahmen sind nicht inkludiert. Sie werden abhängig von den anatomischen Gegebenheiten und Erfordernissen zusätzlich erbracht und können daher auch gesondert in Rechnung gestellt werden. Sobald eine Lappenbildung inklusive Periostschlitzung zur plastischen Deckung im Sinne der primären Wundversorgung notwendig wird, kann die Position GOZ 3100 in Ansatz gebracht werden.

Die Bundeszahnärztekammer äußert sich in ihrer Kommentierung zur GOZ (Stand 08/2022) wie folgt:

"Diese Nummer ist berechnungsfähig für den plastischen Wundverschluss nach chirurgischen Maßnahmen, wenn eine Lappenplastik nicht Leistungsinhalt der chirurgischen/implantologischen Hauptleistung ist oder nach den Abrechnungsbestimmungen mit der Erbringung derselben abgegolten ist (z. B. Nummer 3090, 9100)."

Der Leistungsinhalt muss vollständig erbracht sein. Das heißt, die Periostschlitzung ist ein entscheidendes Kriterium für die Berechnung der GOZ 3100. Für ein rechtssicheres Honorar ist daher eine korrekte Behandlungsdokumentation erforderlich. Dieser müssen die Lappenbildung, die Schlitzung des Periosts und die plastische Deckung zwingend zu entnehmen sein.

Wichtig ist an dieser Stelle auch noch einmal der Hinweis, dass die plastische Deckung neben der Position GOZ 9100 (Aufbau des Alveolarforsatzes durch Augmentation ohne zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich) nicht zusätzlich berechnungsfähig ist. Der "Wundverschluss mit vollständiger Schleimhautabdeckung" ist Leistungsbestandteil.

Aber wie wird eine plastische Deckung mittels Mukoperiostlappen berechnet, wenn keine Periostschlitzung erfolgt?

Hierfür kann die GOÄ 2381 (Einfache Hautlappenplastik) geltend gemacht werden. Dieser Position sind alle einfachen plastischen Maßnahmen zur Verlängerung oder Verschiebung von Weichgewebe zur spannungsfreien Wunddeckung zur Vermeidung von Dehiszenzen und Wundinfekten bei ausreichendem Angebot an fixierter Schleimhaut zuzuordnen. Eine einfache Hautlappenplastik liegt vor, wenn die Defektränder glatt aneinandergeführt und vernäht werden. Der Aufwand ist mit dem der GOZ vergleichbar, nur dass keine Schlitzung des Periosts vorgenommen wird.

Außerdem darf die GOÄ 2381 immer dann berechnet werden, wenn die weichteilchirurgische Maßnahme nicht dem primären Wundverschluss dient, sondern aufgrund einer eigenen Indikation zur Verlängerung, Verschiebung oder Formung der Gingivakontur notwendig wird. Beispielhaft wären eine apikale Verschiebung der Gingiva ohne großen Aufwand oder die Anpassung des Gingivasaums an den Gingivaformer im Rahmen einer Implantatfreilegung zu nennen.

Eine generelle Einschränkung der weichteilchirurgischen Maßnahmen auf den Ansatz der Ziffer GOÄ 2381 besteht allerdings nicht. Das wäre in Anbetracht der Schwierigkeit bestimmter Maßnahmen, bei denen Schleimhautteile geschwenkt, gedreht, verschoben oder die Ränder gegeneinander versetzt werden müssen, nicht angemessen.

Hierzu zählen beispielsweise Spaltlappen, Papillenrekonstruktionslappen, Rotationslappen, Rolllappen, Semilunarlappen, laterale Verschiebelappen, Schwenklappen, wenn diese anderen Zwecken als dem primären Wundverschluss dienen.

Das könnten u. a. die Verdickung von Weichgewebe, die Schaffung keratinisierter Gingiva oder die Deckung von Rezessionen sein. Für solche Fälle kann auf die Positon GOÄ 2382 (schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation) zurückgegriffen werden. Die Beurteilung der Schwierigkeit der Leistung liegt ausschließlich im Ermessen des/der Zahnarztes/Zahnärztin. Sie muss medizinisch nachvollziehbar und natürlich dokumentiert sein.

Dabei ist die Angabe der Art der Hautlappenplastik, der Region sowie der Indikation (Wundversorgung oder eigene Indikation) wichtig. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, wird in einem möglich Prozess zulasten des/der Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist. Eine gute und aufschlussreiche Dokumentation ist daher die Grundlage für eine einwandfreie Abrechnung der Hautlappenplastiken. Sie dient nicht nur der rechtlichen Sicherheit, sondern gewährleistet oder auch eine aufwandsgerechte Abrechnung.

 

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