Zahnärztin telefoniert und schreibt Notizen, Text 'Abrechnung im Fokus - Wie verhält es sich mit dem Ausfallhonorar?' auf blauem Hintergrund.

Wie verhält es sich mit dem Ausfallhonorar?

Die Berechnung eines Ausfallhonorars hängt von vielen Faktoren ab. Es sollte stets sorgfältig geprüft werden, ob eine Anspruchsgrundlage besteht, da die Forderung nur dann mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich durchgesetzt werden kann. Wir sagen, wann und wie das möglich ist.

Wer kennt das nicht? Patiententermine werden vereinbart, sei es für kurze oder lange Behandlungen. Die Praxis plant nicht nur die Zeit dafür ein, sondern trifft auch noch weitere Vorbereitungen. Material wird bestellt, das Behandlungszimmer wird vorbereitet, Instrumente werden sterilisiert, spezielle Instrumententrays vorbereitet. Wenn der Termin dann ansteht, kann es vorkommen, dass der Patient nicht erscheint, ohne die Praxis darüber zu informieren. Wertvolle Zeit geht verloren, die man einem anderen Patienten hätte widmen können. In vielen Praxen stellt sich in solchen Fällen zu Recht die Frage, ob dem Patienten für sein Versäumnis eine Rechnung gestellt werden kann.

 

Ausfallhonorar: Das sind die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen

§ 615 BGB: 

Diese Vorschrift führt zu einem Anspruch der Zahnärztin oder des Zahnarztes auf Vergütung, wenn sich der Patient im Annahmeverzug befindet, also zu einem fest vereinbarten Behandlungstermin nicht erscheint.
 

§ 615 BGB: 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung ver pflichtet zu sein. Er muss sich je doch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Gemäß § 296 BGB – kalendarisch geplanter Termin


§ 296 BGB:

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

§ 241, Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 280, Abs. 1 BGB können zur Berechnung des Ausfallhonorars herangezogen werden.


§ 241, Abs. 2 BGB:

Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
 

§ 280, Abs. 1 BGB:

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

 

Voraussetzungen für die Berechnung von versäumten Terminen

  • der Zahnarzt kann nachweisen, dass er zu diesem Zeitpunkt keinen anderen Patienten behandeln konnte
  • wenn erforderlich (zum Beispiel vor Gericht), ist der Beweis zu erbringen, dass der Zahnarzt in der frei gewordenen Zeit keine andere Tätigkeit ausüben konnte (zum Beispiel Schreibtischarbeit, Besprechungen, Aufarbeiten von liegen gebliebenen Dingen …)
  • der Patient hatte bereits im Vorfeld die Information, dass der Termin ausschließlich für ihn reserviert wurde
  • der Patient muss den Termin schuldhaft versäumen
  • Aufklärung und Vereinbarung vorab über ein Ausfallhonorar (beziehungsweise, dass versäumte Termine in Rechnung gestellt werden), am besten mit einer Unterschrift des Patienten

 

Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Zahnarzt gemäß § 615 BGB einen Anspruch auf Ersatz des ausgefallenen Honorars. Sagt der Patient seinen Termin kurz vorher ab und es wird ein neuer Termin vereinbart, kann laut einem Urteil des OLG Stuttgart vom 17.04.2007 (Az.: 1 U 154/06) kein Ausfallhonorar berechnet werden. Andererseits gibt es Urteile, die dem Zahnarzt trotzdem einen Anspruch auf Ausfallhonorar bestätigen. Die Rechtsprechung dazu ist nicht einheitlich. Eine Garantie, ein Ausfallhonorar erfolgreich vor Gericht zu erstreiten, gibt es nicht.

Von einer Berechnung des Ausfallhonorars ist auch abzuraten, wenn der Patient zwar aufgeklärt wurde, er aber keine Unterschrift geleistet hat. In so einem Fall besteht ein erhöhtes Prozessrisiko.
 

Berechnungsmöglichkeiten des Aufallhonorars

Das Ausfallhonorar kann nicht nach vorhandenen Gebührenpositionen der GOZ/GOÄ berechnet werden. Das ist aufgrund der Bestimmungen der Gebührenordnung nicht möglich, da es heißt, der Zahnarzt darf Gebühren nur für selbstständige zahnärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden. Im Fall des Nichterscheinens des Patienten ist diese Vorgabe nicht erfüllt.

Wie und in welcher Höhe kann das Ausfallhonorar berechnet werden?

Auch dazu gibt es unterschiedliche Ansichten, die aufgrund diverser Gerichtsurteile zustande gekommen sind:

  1. Der für die vorgesehenen/geplanten Leistungen erwartete Honorarbetrag kann für die Kalkulation genutzt werden, abzüglich der ersparten Aufwendungen (Materialien beispielsweise). Natürlich immer unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Stundensatzes.
  2. Es wird eine Schätzung des Ausfallhonorars vorgenommen (§ 287 ZPO). Gerichte orientieren sich dabei an einem "Durchschnittspatienten", an den durchschnittlichen Einnahmen.
  3. Die Berechnung eines abstrakten Ausfallhonorars, das entsprechend dem betriebswirtschaftlichen Stundensatz der Praxis angesetzt wird.

 

Urteile zu Ausfallhonoraren

BGH - 12.05.2022 (Az.: II ZR 78/21)

Im Grundsatz hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass bei einem Terminversäumnis der Patient in Annahmeverzug gerät (das gilt auch für gesetzlich versicherte Patienten). Die Vorschrift des § 615 BGB gemäß § 630b BGB ist ebenfalls auf Behandlungs verträge im Sinne des § 630a BGB anwendbar. Im entschiedenen Fall war durch den Hinweis auf die 24-stündige Absagefrist und die Ausfallpauschale plus die Unterschrift der Patientin ausreichend klargestellt, dass sie ihr Einverständnis zur Verbindlichkeit der Terminvereinbarung erklärt hat.

Gezahlt werden musste das Ausfallhonorar trotzdem nicht, da der Behandlungsfall in die Zeit der Corona-Pandemie fiel. Die Corona-Schutzverordnung hat in diesem Fall das Ausfallhonorar "ausgehebelt".
 

LG Berlin - 15.04.2005 (Az.: 55 S 310/04)

Die Vereinbarung über ein Ausfallhonorar ist nur zulässig, wenn dem Patienten eine Möglichkeit eingeräumt wird, sein unverschuldetes Nichterscheinen zu begründen. Fehlt ein solcher Hinweis, ist die Vereinbarung nicht zulässig (unangemessene einseitige Benachteiligung des Patienten).

 

Weitere interessante Urteile:

  • AG Heidelberg, Urteil vom 17.02.2003 (Az.: 20 C 298/01)
  • LG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2004 (Az.: 22 S 117/039)
  • AG Neukölln, Urteil vom 07.10.2004 (Az.: 4 C 179/04)
  • OLG Stuttgart, Urteil vom 17.04.2007 (Az.: 1 U 154/06)
  • AG Dresden, Urteil vom 29.01.2010 (Az.: 107 C 5428/09)
  • AG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2013 (Az. 52 C 4822/13)

 

Autorin:
Franca Fischkandl, DZR Kompetenzcenter GOZ/GOÄ/BEMA

 

Sie haben weitere Fragen zum Ausfallhonorar?

Das DZR Kompetenzcenter GOZ/GOÄ/BEMA steht Ihnen gerne zur Verfügung.
 
Telefon: 0711 99373 4200
E-Mail: 
goz2.stgt@dzr.de

 

Dieser Artikel wurde erstmalig in der Ausgabe 2/2024 des Xtrablatts veröffentlicht.