GOZ 6190: Das beratende und belehrende Gespräch
Eine gern berechnete, heiß geliebte und doch umstrittene Leistung: Die GOZ 6190 wird erfahrungsgemäß gern im Zusammenhang mit chirurgischen oder parodontalchirurgischen Eingriffen abgerechnet. Aber ist das mit dem Gebührenrecht vereinbar?
Die Antwort auf diese Frage ist ein klares "Nein". Wir erklären in diesem Artikel, warum das so ist.
Beratungen über das Verhalten nach chirurgischen/parodontalchirurgischen Eingriffen sind mit der Operationsleistung abgegolten. Ist diese Aufklärung aufwändiger, so kann der Steigerungssatz angepasst werden. Die Leistungsbeschreibung der GOZ 6190 lautet: "Beratendes und belehrendes Gespräch mit Anweisungen zur Beseitigung von schädlichen Gewohnheiten und Dysfunktionen".
Es geht also darum, dem Patienten die Schädlichkeit bestimmter Gewohnheiten aufzuzeigen und ihn zu motivieren, sein Verhalten diesbezüglich in Zukunft zu ändern. Beispielsweise können das Beratungen über Nikotinabusus, Zungen- und Zähnepressen, schädliche Pflegegewohnheiten, Nutzen des Mundes/der Zähne als "Assistenz" (Nägel oder Nadeln halten, Flaschen und Verpackungen öffnen, etc.), Daumenlutschen und Ähnliches sein.
Was gehört zum Leistungsinhalt der GOZ 6190?
Der Leistungsinhalt der GOZ 6190 umfasst die Aufklärung und das Aufzeigen schädlicher Gewohnheiten oder der Dysfunktion, die Aufklärung über die Folgen, die Anleitungen zu Übungen sowie die Beratungen zum Abgewöhnen. Auch die Dokumentation des Gesprächs und eine eventuelle Archivierung gehören zum Leistungsinhalt. Wie wichtig die Dokumentation ist, zeigt die Tatsache, dass immer mehr Versicherer dazu übergehen, die schädlichen Gewohnheiten und Dysfunktionen zu hinterfragen. Aber auch für die eigene Sicherheit ist eine gute Dokumentation unerlässlich.
Wie man sieht, handelt es sich um eine spezielle Beratungsleistung, die nicht mit einer allgemeinen Beratung nach der GOÄ 1 oder GOÄ 3 zu vergleichen ist. Eine Aufklärung nach der GOZ 6190 kann durchaus in allen Gebieten der Zahnmedizin anfallen, nicht nur im kieferorthopädischen Bereich – auch wenn das den Kostenträgern nicht immer gefällt und die GOZ 6190 gekürzt wird. Berufen kann man sich auf das Beratungsforum, insbesondere auf den Beschluss Nr. 18. Hier heißt es:

Die Auflistung einer Gebührennummer in einem bestimmten Abschnitt der GOZ hat nicht zur Folge, dass die dieser Gebührennummer zuzuordnende Leistung nur in Zusammenhang mit einem Leistungsgeschehen berechnungsfähig wäre, das fachlich diesem Gebührenordnungsabschnitt zuzuordnen ist.
–– Beratungsforum für Gebührenordnungsfragen
Der Praxis stehen alle Bereiche (A-K) der Gebührenordnung für die Abrechnung offen, auch wenn nur einzelne Leistungen aus einem Bereich zur Abrechnung herangezogen werden. Die GOZ 6190 ist nur deshalb im Bereich KFO enthalten, weil sie bei diesen Behandlungen besonders häufig zur Anwendung kommt. Aus zahnmedizinischer Sicht kann sie jedoch bei jeder Behandlung zum Ansatz kommen, bei der sie gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 GOZ notwendig ist. Dem GOZ-Kommentar der Bundeszahnärztekammer (Stand 09/2023) zur GOZ 6190 kann entnommen werden: "(…) Es kann sich auf kieferorthopädische Fragestellungen, aber auch auf andere zahnmedizinische Gebiete beziehen. (...)"
Dazu äußerte sich auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG):

Die Leistung nach der Nummer 6190 kann in bestimmten Fällen auch außerhalb einer kieferorthopädischen Behandlung indiziert sein und wäre in diesen Fällen auch berechnungsfähig.
–– Bundesministerium für Gesundheit (BMG):
Delegierbarkeit bleit umstritten: Kann die GOZ 6190 an eine qualifizierte Mitarbeiterin delegiert werden?
Die Bezirkszahnärztekammer Stuttgart vertritt die Auffassung, dass es im Rahmen der Prophylaxe durchaus möglich ist, dass die Beratung nach der GOZ 6190 durch eine qualifizierte Mitarbeiterin erfolgen kann. Dies allerdings nur dann, wenn über die Ursache von Karies und Parodontopathien gesprochen wird und es dazu Hinweise gibt – etwa zu Ernährung, Fluoridierung, Motivation des Patienten und Abgewöhnung schädlicher Putz- und Pflegegewohnheiten. Bei anderen zahnmedizinischen Fragestellungen muss die GOZ 6190 durch den Zahnarzt erbracht werden. Die Zahnärztekammer Nordrhein ist der Ansicht, dass die GOZ 6190 in der Regel nicht delegierbar ist.
Und auch auf Nachfrage bei der Bundeszahnärztekammer heißt es:

Da es sich bei der GOZ Position 6190 um ein „beratendes und belehrendes Gespräch mit Anweisungen zur Beseitigung von schädlichen Gewohnheiten und Dysfunktionen“ im Sinne eines ärztlichen Aufklärungsgespräches handelt, steht diese Leistung unter Zahnarztvorbehalt und ist demnach nicht delegierbar.
–– Bundeszahnärztekammer
Es gilt also: Im Zweifelsfall immer die zuständige Kammer befragen.
Berechnungsfähigkeit neben anderen Leistungen aus der GOZ
Neben einer eingehenden Untersuchung nach der GOZ 0010 kann die GOZ 6190 nicht abgerechnet werden. Dazu hat sich auch DER Kommentar von Liebold/Raff/Wissing geäußert:

Diese Kombination ist – wiewohl fachlich nicht nachvollziehbar, da die eine Behandlungsmaßnahme untersucht und die andere berät – explizit in der Leistungslegende der GOZ-Nr. 6190 ausgeschlossen. Die GOZ-Nr. 6190 ist außerdem nicht neben GOZ-Nrn. 6030 bis 6080 berechenbar. Auch hier ist der Ausschluss der Kombination mit den Kernpositionen fachlich nicht nachvollziehbar, denn die Anweisung zum Gebrauch eines kieferorthopädischen Geräts (in den Kernpositionen konsistenterweise enthalten) dient einem anderen Zweck als das beratende und belehrende Gespräch mit Anweisungen zur Beseitigung von Habits und Dysfunktionen.
–– DER Kommentar von Liebold/Raff/Wissing
Autorin: Franca Fischkandl, DZR Kompetenzcenter GOZ/GOÄ/BEMA
Dieser Artikel erschien ursprünglich im DZR Xtrablatt Ausgabe 03/2024.