Bild zur KI

"Der Mensch muss die letzte Entscheidung treffen" - Interview mit Dr. Markus Heckner

DZR: Welche Rolle spielt KI heute schon in Zahnarztpraxen?

Dr. Markus Heckner: Eine zunehmend große. Beispiel Röntgenbilder: Wer als Zahnärztin oder Zahnarzt in der Praxis die KI nutzt, bekommt quasi eine Zweitmeinung hinzu. KI hat von Experten gelernt und ist oftmals genauer als der Mensch. Letztendlich muss aber der Mensch die letzte Entscheidung treffen. Es wäre nicht gut, wenn die KI diese selbstständig treffen kann oder Entscheidungen nur aufgrund von KI getroffen werden.

DZR: Das heißt, trotz KI hat der Mensch das letzte Wort. Das deckt sich auch mit der gegenwärtigen Rechtsauffassung in der EU.

Dr. Markus Heckner: Richtig. Wer mit KI arbeiten will, sollte sich vorher die Ethikrichtlinien ansehen. Die Forschung ist sich da relativ uneinig, wie weit diese beachtet werden müssten. In der EU und vor allem in Deutschland geht man davon aus, dass man sich stark an ethische Richtlinien halten sollte. Was meiner Meinung nach auch Sinn macht.

KI spielt beim Erkennen von Mustern seine Stärke aus. Macht das diese Anwendung nicht gerade beim Thema zahnärztliche Abrechnung sinnvoll?

Dr. Markus Heckner: Absolut. Eine Abrechnung kann ich nur erstellen, wenn es eine gute Dokumentation gibt. Die aber kostet Zeit, und die habe ich in der Praxis nicht. Beispiel: Arzt und Stuhlassistenz behandeln einen Patienten im Vier-Hand-System. Sie können nicht zeitgleich in den Computer tippen oder auf Karteikarte dokumentieren. Das muss momentan dann geschehen, bevor der nächste Patient kommt. Oder man braucht noch eine Person, die mitschreibt. Die hat man in der Regel nicht. Weil man den nächsten Patienten drannehmen möchte, macht man Kürzel. Jetzt soll diese Dokumentation aber auch für einen Dritten lesbar, verständlich und ausführlich sein, weil sie Teil der Verpflichtung ist, um die Leistung abrechnen zu können. Hier unterstützt KI bei der Spracherkennung. Denn sie erkennt auch die Fachsprache der Zahnärzte und kann Leistungsbezeichnungen richtig zuordnen.

Stichwort Praxis-Erreichbarkeit. Kann KI die virtuellen Assistenten verbessern?

Dr. Markus Heckner: Unbedingt. Ein Beispiel ist der digitale Praxismitarbeiter Aaron.ai, bei dessen Einführung in der Dentalwelt ich mitgewirkt habe. „Sie rufen außerhalb unserer Sprechzeiten an“ – das hört man häufig auf Anrufbeantwortern bei Zahnarztpraxen. Aaron.ai macht das anders. Man muss keine Nummern drücken und Warteschleifenmusik anhören, sondern redet mit ihm wie mit einem normalen Menschen und kann zum Beispiel direkt einen Termin ausmachen. Dazu checkt die KI im Hintergrund den Terminplan der Praxis. Wenn Patienten 24/7 anrufen können, entlastet das die Rezeptionskräfte tagsüber extrem.

KI und Robotik gehen Hand in Hand, in vielen Krankenhäusern werden schon OP-Roboter eingesetzt. Sind solche Systeme auch in der Zahnmedizin denkbar?

Dr. Markus Heckner: Ein Implantat-Roboter wurde in Japan schon vor einiger Zeit eingesetzt. Allerdings waren da auch vier Techniker und ein Arzt dabei, weil alle Angst hatten, dass etwas schiefgeht. Ich persönlich glaube, dass Patienten aktuell noch zu große Angst vor diesem Fremden haben. Medizin hat eben mit Vertrauen zu tun. Und das hat man dann häufig nur von Mensch zu Mensch, nicht von Mensch zu Maschine. Der Roboter erkennt, was er macht, aber das tut er durch ein Kamera system. Das ist nicht unfehlbar und hat in der Regel eine 2-D-Ansicht. Wir Menschen haben die Fähigkeit der Vorstellungskraft und das Erfahrungswissen. Und manche Dinge sind eben nicht wissensbasiert, sondern erfahrungsbasiert.

 

Seminartipp:

Dr. Markus Heckner hält am 11.09.2024 ein Online-Seminar zum Thema "Künstliche Intelligenz in der Zahnarztpraxis."

Darum geht es:

In der Zahnarztpraxis sind viele Aufgaben zu erledigen und täglich kommen mehr dazu. Insbesondere die Bürokratie und der Personalmangel sorgen für Stress und Mehrarbeit. Wie schön wäre es, wenn einige der lästigen Aufgaben schnell und einfach vom Computer erledigt werden. Digitale Assistenten und Künstliche Intelligenz sind auf dem Vormarsch. Erstaunlich viel lässt sich bereits automatisieren und durch digitale Prozesse optimieren. Einen Überblick hierzu gibt Ihnen in diesem Online Seminar der Digitalisierungs-Experte Dr. Markus Heckner. 

Diese Themen erwarten Sie:

  • KI als praktischer Helfer in der Praxis
  • KI-Assistenten
  • Automatisierung
  • Qualitätssicherung
  • Vorteile und Gefahren von KI
  • Konkrete Beispiele von KI in der Zahnmedizin

 

 

Über Dr. Markus Heckner:Dr. Markus Heckner
Dr. Markus Heckner ist Medizininformatiker, Zahnarzt und in der Geschäftsleitung der DENS GmbH tätig. Er hat mehrere Start-ups in Deutschland mitbetreut, sitzt im Beirat der Gematik und ist stellvertretender Vorsitzender des Verbands Deutscher Dental-Softwareunternehmen. 

 

Dieser Beitrag wurde erstmalig in der Ausgabe 2/2024 des DZR Xtrablatts veröffentlicht.